Hinweisgebersystem im Konzern

Von Kunden und Partnern erreichen uns immer wieder Fragen, wie man am besten ein Hinweisgebersystem rechtskonform in (internationalen) Konzernstrukturen umsetzt. In diesem Artikel möchten wir klären, ob jedes Tochterunternehmen ein eigenes Hinweisgebersystem benötigt und wie ein solches System im Konzern aufgesetzt werden sollte. Zudem werden wir einige wichtige Aspekte bei internationalen Konzernstrukturen beleuchten.

Benötigt jedes Tochterunternehmen ein eigenes Hinweisgebersystem?

  • Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern - und somit auch Tochtergesellschaften - sind gesetzlich nicht verpflichtet, ein Hinweisgebersystem einzurichten. Dennoch ist es empfehlenswert, auch kleine Tochterunternehmen bei der Implementierung in einem Konzern mit über 50 Mitarbeitenden direkt zu berücksichtigen und an dem Verfahren der Mutter teilhaben zu lassen.
  • Tochtergesellschaften mit 50 bis 249 Mitarbeitern müssen entweder eine eigene Meldestelle einrichten und oder ein zentrales Hinweisgebersystem von der Konzernmutter mitnutzen.
  • Bei Tochtergesellschaften mit mehr als 249 Mitarbeitern besteht Rechtsunsicherheit, da das deutsche HinSchG und die EU-Kommission unterschiedliche Auffassungen vertreten. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 des HinSchG kann ein Unternehmen eine interne Meldestelle betreiben entweder durch die Beauftragung einer einzelnen Person, eines Teams aus mehreren Angestellten oder sogar eines externen Dritten erfolgen. Nach verbreiteter Auffassung, kann ein Unternehmen innerhalb der gleichen Firmengruppe oder des gleichen Konzerns ebenfalls als dieser "Dritte" agieren. Die EU-Kommission hat gegensätzlich bekräftigt, dass jedes Unternehmen mit mehr als 249 Mitarbeitern eine eigene interne Meldestelle einrichten muss (also zumindest eine im Tochterunternehmen zuständige Person) und ein zentrales System im Konzern nicht ausreiche (S. 3 des Protokolls über das 5. Treffen der Expertengruppe der Europäischen Kommission zur Umsetzung der EU-Hinweisgeberschutz-Richtlinie). 

Wie sollte ein Hinweisgebersystem im Konzern am besten aufgesetzt werden?

  • Bei Unternehmen mit Tochtergesellschaften von bis zu 249 Mitarbeitern empfiehlt sich die Einführung eines zentralen Hinweisgebersystems. Dabei sollte die Verantwortung für die Behebung und Weiterverfolgung von Verstößen optimalerweise beim jeweiligen Tochterunternehmen liegen. Mit einem modernen Hinweisgebersystem lässt sich dies sehr einfach durch verschiedene Administratoren Konten und entsprechenden Bearbeitungsgenehmigungen umsetzen.
  • Für größere Tochtergesellschaften kann entweder ein separates, lokal beauftragtes System eingeführt werden oder ein zentrales System in Kombination mit externen Ombudspersonen, die als unabhängige Dritte die Bearbeitung der Fälle unterstützen. Wie bereits erwähnt, sollten sich Unternehmen mit dieser Konstellation zusätzlich rechtlich absichern.

Was muss man bei internationalen Konzernstrukturen beachten?

  • Internationale Konzerne sollten das Recht des jeweiligen EU-Mitgliedstaates beachten, um den Schutz der Hinweisgeber zu gewährleisten. Bei der Aufsetzung einer rechtskonformen Hinweisgeberstruktur in den einzelnen EU-Ländern kann professionelle Unterstützung hilfreich sein.
  • Meldungen sollten in der Arbeitssprache des jeweiligen Tochterunternehmens möglich sein.
  • Es ist darauf zu achten, dass durch die Beauftragung einer zentralen Meldestelle keine zusätzlichen Hürden für Hinweisgeber geschaffen werden.

Auszug aus dem Gesetzestext (20/3442)

"Gemäß dem konzernrechtlichen Trennungsprinzip kann auch bei einer anderen Konzerngesellschaft (zum Beispiel Mutter-, Schwester-, oder Tochtergesellschaft) eine unabhängige und vertrauliche Stelle als „Dritter“ im Sinne von Artikel 8 Absatz 5 HinSch-RL eingerichtet werden, die auch für mehrere selbständige Unternehmen in dem Konzern tätig sein kann. Dabei ist es – wie auch sonst bei der Unterstützung von Unternehmen – notwendig, dass die originäre Verantwortung dafür, einen festgestellten Verstoß zu beheben und weiterzuverfolgen, immer bei dem jeweiligen beauftragenden Tochterunternehmen verbleibt. Solche innerhalb eines Konzerns zentral angesiedelten, aber im Sinne der HinSch-RL unabhängigen, unparteiischen und vertraulichen Meldestellen würden der Unterstützung etwa durch externe Anwaltskanzleien entsprechen. Da diese Einheiten dennoch, je nach Meldung und hinweisgebender Person, für die jeweiligen rechtlich selbstständigen Tochterunternehmen tätig würden, käme es nicht zu einem Übergang der Verantwortung. Die Expertise für die Bearbeitung von Meldungen läge dann konzentriert bei der internen Meldestelle, die beispielsweise über technische Meldekanäle und Personal verfügt und auch interne Ermittlungen in den jeweils betroffenen Konzernteilen durchführen kann, wohingegen die Verantwortung und die Verpflichtung zum Abstellen des Rechtsverstoßes beim jeweiligen Tochterunternehmen lägen. Soweit eine Berichterstattung an die Konzernleitung erforderlich erscheint, z. B. weil ein Verstoß nicht nur das konkrete Unternehmen betrifft, müsste diese unter voller Wahrung der Vertraulichkeit der Identität der hinweisgebenden Person durch oder im Auftrag des jeweiligen Tochterunternehmens erfolgen."

Fazit

Ein effektives Hinweisgebersystem in einer internationalen Konzernstruktur erfordert eine sorgfältige Planung und Berücksichtigung der gesetzlichen Anforderungen in den verschiedenen Ländern. 

Ein zentrales System kann eine gute Lösung sein, solange es den Vorgaben entspricht und die Bedürfnisse der Mitarbeiter berücksichtigt.

Durch die Zusammenarbeit von Rechtsexperten und der Nutzung von moderner Technologie kann ein solches System erfolgreich eingerichtet und verwaltet werden, um Rechtsverstöße frühzeitig zu erkennen, angemessen darauf zu reagieren und so das Vertrauen der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in das Unternehmen zu stärken.