Havard Study about Whistleblowing

Enthüllungen wie zum Beispiel von Edward Snowden über die Überwachung durch die US-Regierung oder von Cambridge Analytica über den Missbrauch von Facebook-Daten haben das Bewusstsein für Whistleblowing und seine Bedeutung für die Aufdeckung von Fehlverhalten innerhalb von Organisationen geschärft. In den letzten Jahren haben auch einige große Unternehmen wie Uber, Volkswagen und Wells Fargo negative Schlagzeilen gemacht, weil sie versäumt haben, Hinweisgeber zu schützen oder auf deren Meldungen zu reagieren. 

Eine Studie des Harvard Business Review zeigt, dass Whistleblowing ein wichtiger Bestandteil einer erfolgreichen und ethischen Unternehmenskultur ist und widerlegt einige klassische Irrtümer über das Thema. Doch nicht nur die Harvard-Studie kommt zu diesen Erkenntnissen, auch andere Studien und Untersuchungen haben ähnliche Ergebnisse gezeigt.

3 klassische Irrtümer über Corporate Whistleblowing

Irrtum 1: Whistleblower sind illoyale Mitarbeiter

Ein häufiger Irrtum über Whistleblower ist, dass sie illoyale Mitarbeiter sind, die versuchen, das Unternehmen zu schädigen. Die Harvard Studie zeigt jedoch, dass Whistleblower tatsächlich ein Zeichen für gesunde Unternehmen sind. Unternehmen mit einem etablierten Whistleblower-System haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, Verstöße aufzudecken und zu beheben, was letztendlich dazu beiträgt, das Unternehmen zu schützen und zu verbessern. Tatsächlich sind die meisten Whistleblower Menschen, die sich für das Unternehmen engagieren und dessen Werte respektieren. Sie sind oft besorgt darüber, dass unethisches oder rechtswidriges Verhalten das Unternehmen schädigen könnte. 

Eine Studie von PwC aus dem Jahr 2022 ergab, dass 69% der befragten Whistleblower primär motiviert waren, das Unternehmen und die Mitarbeiter zu schützen. Die Studie ergab auch, dass Whistleblower in der Regel nicht motiviert sind durch finanzielle Anreize, sondern durch den Wunsch, das Richtige zu tun und ihrem Unternehmen zu helfen. Darüber hinaus zeigte die Studie, dass Unternehmen, die ein gut etabliertes Whistleblower-System haben, einen höheren Grad an Mitarbeiterloyalität aufweisen als Unternehmen, die kein solches System haben.

Irrtum 2: Whistleblowing schadet dem Unternehmen

Ein weiterer Irrtum ist, dass Whistleblowing dem Unternehmen schadet. Tatsächlich zeigt die Harvard-Studie, dass Unternehmen, die ein Whistleblower-System haben, finanziell gesünder und erfolgreicher sind als Unternehmen, die kein solches System haben. Das liegt daran, dass Whistleblowing dazu beitragen kann, unethisches Verhalten innerhalb des Unternehmens zu erkennen und zu beheben, bevor es zu größeren Problemen führt. Eine Studie von NAVEX Global aus dem Jahr 2019 zeigte, dass Unternehmen, die eine interne Whistleblower-Struktur implementierten, im Vergleich zu Unternehmen ohne ein solches Programm einen um 54% niedrigeren Medianwert bei Rechtsstreitigkeiten hatten.

Viele Unternehmen befürchten, dass Whistleblowing-Systeme dazu führen, dass vertrauliche Informationen an die Öffentlichkeit gelangen und somit dem Ruf des Unternehmens schaden. Doch auch hier zeigt die Forschung, dass diese Sorgen unbegründet sind. In einer Studie des Ethics Resource Center gaben 82% der befragten Unternehmen an, dass sie keine negativen Auswirkungen auf ihren Ruf durch ein Whistleblowing-System erfahren haben.

Übrigens: Genau dies ist das Ziel des deutschen Hinweisgeberschutzgesetzes. Es soll Whistleblower ermutigen, Hinweise zunächst intern zu melden, um Unternehmen die Möglichkeit zu geben, Missstände schnell zu beheben, bevor diese an die Öffentlichkeit gelangen.

Irrtum 3: Whistleblower sind keine zuverlässigen Informanten

Ein weiterer Irrtum über Whistleblower ist, dass sie als unzuverlässige Informanten betrachtet werden. Die Annahme ist, dass Whistleblower möglicherweise persönliche Gründe haben, Informationen zu teilen, die nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen. In Wirklichkeit sind Whistleblower jedoch oft die zuverlässigsten Informanten, die Unternehmen haben können.

Laut einer Studie von NAVEX Global werden etwa 40% aller Fälle von Fehlverhalten in Unternehmen von Whistleblowern gemeldet. Darüber hinaus zeigen Daten von EY, dass Fälle, die von Whistleblowern gemeldet wurden, in der Regel ernster sind als Fälle, die von anderen Quellen gemeldet wurden. Dies deutet darauf hin, dass Whistleblower eher bereit sind, schwerwiegende Fälle von Fehlverhalten zu melden, die anderen möglicherweise entgehen würden.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass Whistleblower in der Regel ihre Ansprüche mit Beweisen stützen müssen, um sie glaubwürdig zu machen. Die Harvard Studie weist darauf hin, dass viele Unternehmen, die ein Whistleblower-System einrichten, erstaunt sind, wie genau und detailliert die Informationen sind, die sie von Whistleblowern erhalten.

Fazit

Insgesamt lässt sich festhalten, dass viele Annahmen über Whistleblowing in Unternehmen schlichtweg falsch sind. Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass Whistleblowing-Systeme ein wichtiger Bestandteil einer modernen und ethischen Unternehmenskultur sind. Durch ein solches System können nicht nur schwerwiegende Missstände aufgedeckt und behoben werden, sondern es kann auch dazu beitragen, das Vertrauen der Mitarbeiter in das Unternehmen zu stärken.

Wenn Unternehmen ein Whistleblowing-System implementieren , sollten sie darauf achten, dass es angemessene Mechanismen gibt, um den Schutz der Hinweisgeber zu gewährleisten. Zudem ist es wichtig, das System regelmäßig zu überprüfen und zu verbessern, um sicherzustellen, dass es effektiv und effizient arbeitet.


Quellen

  • Harvard Business Review (2020). Research: Whistleblowers Are a Sign of Healthy Companies
  • Harvard Business Review (2018). Throw Out Your Assumptions About Whistleblowing
  • NAVEX Global (2019). 2019 Ethics & Compliance Hotline Benchmark Report
  • PwC (2022). Global Economic Crime and Fraud Survey.
  • EY (2022). Global Integrity Report.